Ist ein gemeinsamer Feind stärker als eine gemeinsame Vision?

Gemeinsamer Feind

Wir ahnen gerade, dass sich etwas Fundamentales ändert in der Welt. Es gibt wieder einen gemeinsamen Feind. Dieser Feind lässt sich nun namentlich benennen und muss nicht umständlich in komplexen Problemen wie z.B. Klimawandel beschrieben werden. Plötzlich gibt es wieder gut und böse. Ukraine und Putin.

Was ein gemeinsamer Feind doch für gewaltige, globale Aktionskräfte freisetzen kann, hat mich sehr überrascht.

Plötzlich war klar, dass gemeinsame wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland möglich sind. Gefolgt von sozialen Sanktionen gegen alle, die den mächtigen in Russland nahe stehen. Der Feind muss ausgeschlossen werden. Und wer Freund vom Feind ist, kann unmöglich noch weiterhin Freund sein.

Das unmittelbare Böse reduziert Komplexität

Komplexitätsreduktion, die es so global wohl lange nicht mehr in modernen Zeiten gab. Gut oder böse. Wo stehst Du? Eine neutrale Haltung gibt es nicht mehr. Neben dem Feind braucht es den Helden. Ein belächelter, politisch-unerfahrener Quereinsteiger-Präsident wird zur Ikone. Sein Widerstand und sein Mut in Kyjiw zu bleiben, wird zur Projektion für Alles, was es im Krieg gegen eine vermeintliche Übermacht braucht. Es hängt viel an Selenskyj.

Eine Nation kann Kampfgeist freisetzen, solange er bei seinem Volk bleibt. Wie sähe dieser Krieg wohl aus, wäre Selenskyj zu Beginn gleich geflohen und würde das Land aus dem Exil führen? Hätte man ihm das übel genommen?

Ich beobachte das und frage mich, wohin uns ein gemeinsames Feind- und Heldenbild noch bringen wird? In der Ukraine schafft es einen unglaublichen Stolz, eine übermenschliche, superheldenhafte Kraft zu kämpfen mit allem, was da ist. Seien es vertauschte Verkehrsschilder, selbstgebaute Molotowcocktails, einfache Menschen, die sich gegen Panzer und russische Militär-Kolonnen stellen. Männer müssen, Frauen wollen. Kinder werden, wenn es geht über die Grenze geschafft und dann wird das eigene Land verteidigt.

Alles ist live zu verfolgen auf Instagram, TikTok, Twitter und Telegram. Journalist*innen kommen mit dem Verifizieren der Informationen kaum hinterher.  Übermächtige Internetkonzerne werden zum Player in diesem Krieg. Musk schickt Internet, Amazon hilft bei der Logistik, Google sperrt Google Maps in der Ukraine, „die Crowd“ versorgt in Google Bewertungen von russischen Restaurants mit Bildern und Infos zum Krieg, die den russischen „Informations-Schutzwall“ sonst nicht durchdringen würden.

Möge die Macht des Guten mit uns sein.

100 Mrd. für die deutsche Bundeswehr sind nun gut. Den Ausstieg aus Kohle-Energie verzögern ist auch gut, wenn nötig. Militär-Verherrlichung ist nun gut. Putin hassen ist gut. In der UN-Vollversammlung den Saal verlassen, während der russische Außenminister eine Rede hält, ist gut. Während der Übersetzung mit den Tränen kämpfen ist gut. Emotionen zeigen steht an der Tagesordnung.
Das sind alles Dinge, die ich vor einer Woche unmöglich gehalten hätte. Noch bewegen wir uns in Zeitlupe. Es passiert viel jede Stunde, jeden Tag. Diese Geschwindigkeit und Klarheit wird schwinden.

Die komplexe Frage, wie das alles enden soll, wird uns bald quälen. Für jedmögliche Szenarien
fühle ich mich nicht qualifiziert.

Am besten nicht zu lang drüber nachdenken und tun, was den Menschen in der Urkraine hilft. Dabei bitte dran denken, dass auch die russischen Menschen, so sie denn verstehen, was in der Ukraine passiert, diesen Krieg nicht gewählt oder gar gewollt haben.
Achte auf Deine Kräfte, so dass immer noch genug Energie da ist, für all das, was wir jetzt noch für nicht möglich halten.

Ihre Ansprechpartnerin

Jana Stecher

Schlossstraße 7
15711 Königs Wusterhausen

Kontakt aufnehmen
+49 (0)3375 52 62 910