Macht schlechte Führung krank?

Dieser Frage sind wir anhand vom AOK Fehlzeitenreport und weiteren Statistiken zu Krankenständen nachgegangen. Eine Branche sticht dabei besonders raus und überraschte uns sehr.

Die Pandemie haben wir hinter uns und doch sind wir nicht gesund. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man sich den Fehlzeitenreports der AOK anschaut. Demnach ist im ersten Halbjahr 2022 der Krankenstand zwischen Januar und Juli 2022 mit 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (Krankenstand Januar bis Juli 2021: 5,1 Prozent).

Neben den Fehlzeiten wurde in diesem Report auch auf die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten geschaut.

Wird dem Unternehmen eine hohe soziale Verantwortung in Form von gesellschaftlichem und sozialem Engagement bescheinigt, beläuft sich die Selbsteinschätzung der Leistungsbereitschaft der Beschäftigten bei 95,6 Prozent. Die Arbeitszufriedenheit wird mit 96,5 Prozent angegeben.

Bei Beschäftigten, die ihrem Unternehmen nur ein geringes Engagement bescheinigen, liegt der Anteil jener, die eine hohe Leistungsbereitschaft angeben bei 76,4 Prozent. Die Arbeitszufriedenheit liegt bei 69,9 Prozent.

Einen deutlichen Unterschied gibt es auch bei Fehlzeiten. Menschen, die ihre Arbeit als sinnvoll erachten, fehlten im Durchschnitt neun Tage im Jahr. Bei den anderen liegen die Fehltage bei 20 Tagen im Jahr.

Schaut man tiefer in die Datenbasis des Reports fällt zudem auch auf, dass der höchste Krankenstand in  der öffentlichen Verwaltung vorliegt. Die AOK betont hierbei auch, dass diese Zahl nicht repräsentativ für die gesamten Beschäftigten der Verwaltungen seien.

Schaut man nach Berlin, so war dort laut Statistik 2020 jede*r der rund 125.000 Beschäftigen 34,4 Kalendertage krank. (Quelle: Senatsverwaltung für Finanzen / Statistikstelle für Personal). Die Gründe für diese Zahlen sind vielfältig. Ein Grund ist sicherlich die Altersstruktur der Beschäftigten: 31,2 Prozent sind zwischen 50 und 60 Jahren alt. Eine weitere These ist das Thema Führung. Werden Beschäftigte gut im Sinne von wirksam und damit gesund geführt, dann werden sie weniger oft krank.

Diese These lässt sich mit einer neurologische Einordnung von Sinn-Empfinden unterstützen.

In dem sehr hörenswerten Podcast von Prof. Dr. Volker Busch wird dem Empfinden von Sinn neurologisch auf den Grund gegangen.

Vier Faktoren sind wichtig, dass uns unser Tun sinnhaft erscheint.

  • Kohärenz – das eigene Bedürfnis und Zielverhalten der beruflichen Rolle stimmen überein. Das bedeutet z.B. ich übe eine Tätigkeit aus, die ich kann. Es lässt sich auch sagen, Rolle und Person stehen in Verbindung zueinander.
  • Verbundenheit – die Arbeit bringt mich dazu Teil einer Gruppe zu sein und sich dieser zugehörig zu fühlen. Z.B. herrscht ein gutes Betriebsklima oder eine gute Arbeitskultur.
  • Orientierung – die Tätigkeit ist planbar und verlässlich. Ein Gefühl von Ordnung kann entstehen. Das Streben in eine bestimmte Richtung ist dabei möglich. Dazu gehört auch, dass Aufgabenstellungen eindeutig sind UND, dass Arbeit fair entlohnt wird.
  • Bedeutsamkeit – die Tätigkeit ist relevant und stellt einen Nutzen für andere her.

Wenn alle vier Punkte erfüllt sind, empfinden wir Arbeit als sinnstiftend. Häufig sehen wir, dass nur einer oder zwei „Sinn-Faktoren“ erfüllt sind. Die Verbundenheit mit dem Team oder den Kolleg*innen hält uns häufig im Unternehmen. Sie fängt die Defizite von Bedeutsamkeit, Orientierung oder Kohärenz auf. Ist nur die Verbundenheit erfüllt, wächst die Unzufriedenheit, das Stresslevel und auch die Krankentage. Fazit ist: Es kommt zu Kündigungen mit Begründungen wie das Team ist super, aber das Unternehmen, die Organisation bietet keine Perspektive (mehr). Oder Menschen suchen sich neue Berufsfelder, die mehr Wirksamkeit bzw. Bedeutsamkeit haben.

Wir sehen es als unsere Aufgabe, Antworten, Methoden und Tipps zu geben, wie Führungskräfte alle vier „Sinn-Faktoren“ ansprechen und fördern können. Das geht auch aus Angeboten der Krankenkassen hervor, die Programme zum Thema „Gesunde Führung“ anbieten.

Weitere Fakten aus dem Fehlzeitenreport 2022

  • Die älter werdenden Beschäftigten führen zu längeren Fehlzeiten, aber selteneren Krankmeldungen.
  • Die sechs häufigsten Krankheitsgruppen für Fehlzeiten sind: Muskel- und Skelett-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, Verletzungen, psychische und Verhaltensstörungen, Herz- und Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Verdauungsorgane
  • Fehlzeiten auf Grund von Psyche sind in den letzten zehn Jahren am meisten unter den Krankheitsgruppen gestiegen. Bei diesen Fehlzeiten ist die Dauer des Ausfalls auch am längsten (29,7 Tage je Fall)
  • Überdurchschnittlich oft werden in folgenden Branchen Beschäftigte auf Grund von psychischer Ursachen krank: Erziehung/Unterricht (17 Prozent aller AU-Tage der Branche), Banken/Versicherungen (17 Prozent), Gesundheits- und Sozialwesen (16 Prozent), Öffentliche Verwaltung, Sozialversicherung (15 Prozent), Handel (13 Prozent)
  • Zwischen 2012 und 2021 haben sich Fehlzeiten auf Grund der Diagnose „Burnout“ um mehr als 50% erhöht. Nach einem Sinken in 2020 liegt der Wert der Fehlzeiten auf Grund von Burnout auf dem höchsten Niveau
  • Am meisten betroffen von Burnout Diagnosen sind Berufe in der Sozialverwaltung, der Heilerziehungspflege, Sozialarbeit und Alten- und Familienpflege.
  • Die wenigsten Fehlzeiten haben Beschäftigte in Freiburg, Mainz und München. Die meisten Fehlzeiten haben Beschäftigte aus Hagen, Mönchengladbach und Hamm.

Fragen zu diesem Thema gern an

Jana Stecher

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